Rare Books
61
Friedrich Nietzsche
Also sprach Zarathustra. Dorfner-Einband, 1908.
Estimate:
€ 10,000 / $ 10,900 Sold:
€ 100,860 / $ 109,937 (incl. surcharge)
Friedrich Nietzsche
Also sprach Zarathustra. Ein Buch für alle und keinen. Leipzig, Insel 1908.
Friedrich Nietzsches Hauptwerk, einer der wichtigsten philosophischen Texte der Moderne, eine Maßstäbe setzende Jugendstil-Buchillustration und über all das hinaus ein Höhepunkt der Einbandkunst des 20. Jahrhunderts.
"Die Zarathustra-Ausgabe von 1908, festlich gedruckt in Schwarz, Purpur und Gold für die Insel, ist eine Dokument der Buchform des Jugendstils." (G. K. Schauer) - Der Druck ist 1 von 430 numerierten Exemplaren, zugleich jedoch eines der wenigen Exemplare der absoluten Vorzugsausgabe in einem Luxuseinband von Otto Dorfner. Der hier vorliegende Einband ist eine Variante des bei Föhl und Brinks beschriebenen und abgebildeten Einbandes: in Ornamentform und Schrift sind beide Varianten identisch, in der Farbgebung des Leders weichen sie voneinander ab; dort ist es ein kirschroter Maroquinband mit Lederauflagen in zwei helleren Rottönen, beim hier vorliegenden Einband handelt es sich dagegen um einen tiefblauen Maroquinband, mit dunkel- bzw. weinroten Lederauflagen. Nach den neuesten Untersuchungen von Thomas Föhl und John Dieter Brinks fertigte Dorfner offenbar insgesamt etwa 6 Meistereinbände dieser Art, davon nur zwei in Blau. Dem entsprechend liegt hier eines der beiden ungemein seltenen Exemplare in der blauen Variante vor (vgl. Th. Föhl, Henry van de Velde/Otto Dorfner. Einband zu Nietzsche 'Also sprach Zarathustra'. In Neues Museum Weimar. Van de Velde, Nietzsche und die Moderne um 1900. München 2019). - Künstlerisch, handwerklich, ästhetisch und im Grad der Faszination auf den Betrachter sind beide Varianten dieses 'Jahrhunderteinbandes' absolut auf Augenhöhe. Nach unseren Recherchen tauchte ein Exemplar der roten Variante in den letzten 40 Jahren dreimal auf dem Markt auf, jedoch noch nie eines der beiden Einbände in Blau.
John Dieter Brinks beschreibt sowohl in seiner van de Velde-Monographie als auch in seinem jüngst erschienenen Aufsatz Vom Zauber der Linie. Die Buchkunst Otto Dorfners (Föhl S. 34ff.) nur die rot-rote Variante dieses meisterlichen Dorfner-Einbandes - "zählt sicherlich zu den kostbarsten und köstlichsten, die in der Generation vor dem Weltkrieg in Europa entworfen und realisiert worden sind .. Zweitens stellt dieser Einband nicht nur eine Apotheose der Vergangenheit dar, sondern auch eine Verkündigung der Zukunft." (Brinks S. 293f.)
"Otto Dorfner hat diesen Entwurf [van de Veldes] mit eigener Hand mehrfach 'ausgeführt'. Dieser Einband, an dem beide ihren Anteil hatten, sollte sofort Aufsehen erregen und gilt in unseren Tagen als einer der schönsten Bucheinbände des 20. Jahrhunderts .. Der Erfolg dieser von Harry Graf Kessler initiierten Nietzsche-Ausgabe war außerordentlich gewesen. Doch jetzt, als im Frühjahr 1914 in Leipzig die BUGRA anstand, die seit Jahren größte und wichtigste internationale Buchausstellung, hatte Anton Kippenberg, der Verleger des Insel Verlags, um den bisherigen Erfolg zu krönen, bei van de Velde einen neuen Einbandentwurf für den Zarathustra in Auftrag gegeben: Für dieses unikale Exemplar sollte eine eigene Vitrine reserviert werden. Kippenberg hatte zu Recht auf van de Velde gesetzt und mittelbar auf Otto Dorfner, der die außerordentliche exakte Handarbeit geleistet hatte. Der Verleger war derart begeistert über den rauschenden internationalen Erfolg auf der BUGRA, dass er umgehend mindestens fünf weitere Exemplare binden ließ, die er in den nächsten Monaten zu schwindelerregenden Preisen verkaufen konnte. Van de Velde sah seinen Ruhm – zumal im Vergleich zu den ebenfalls auf der Ausstellung präsenten französischen Buchbindermeistern – nachhaltig gefestigt.
Doch auch für einen Dritten, für Otto Dorfner, bedeutete dieses bemerkenswerte Objekt eine wichtige Stufe auf seinem Weg, ja einen Durchbruch. Jeder wusste, dass die „Idee“ von Henry van de Velde stammte; die meisterhafte Realisierung jedoch von anderer Hand stammte – was etwa die reichen Lederintarsien oder die exakte Linienführung betraf: So wurde Dorfners Name unauslöschlich mit diesem Werk verbunden, so wurden ihm mehrere Medaillen verliehen, und sein Ruf hätte sich schneller in Europa verbreitet, hätte nicht der Krieg den eben noch fruchtbaren Kulturaustausch für viele Jahre jäh gekappt .. Bedeutender aber ist ein Umstand, der bisher nicht erkannt, nicht gewürdigt worden ist: Die Buchstaben, die in beiden Entwürfen starke Ähnlichkeit aufweisen, sind das genuine Werk Dorfners, denn van de Velde war nie ein Schriftkünstler. Von Dorfner aber ist bereits für 1909, also vor seinem Antritt in Weimar, ein Einband überliefert, der unverkennbar seine Handschrift trägt. Dorfner hat folglich, was bisher nicht gewürdigt wurde, bereits für den „Jahrhunderteinband“ van de Veldes einen wichtigen ästhetischen Beitrag geliefert: Es sind seine Buchstaben, die den Einband entscheidend prägen." (J. D. Brinks)
EINBAND: Signierter Meistereinband von Otto Dorfner nach einem Entwurf von Henry van de Velde: Dunkelblauer Maroquinband mit aufwendigen Lederauflagen in zwei verschiedenen Rottönen, jeweils mit Goldeinfassung; im tiefblauen Mittelfeld des Vorderdeckels der goldgeprägte Deckeltitel in schmalen Versalien, des weiteren Kopfgoldschnitt und braune Vorsatzpapier; in der vorderen Innenkanten in Goldprägung signiert "V. D. VELDE INV. DORFNER EX. WEIMAR 16". In einer Buchkassette in dunkelblauen Halbmaroquin mit goldgeprägtem Rückentitel. 38 : 25,5 cm. - ILLUSTRATION: Mit ornamental illustriertem Doppeltitel, Titelvignette und 4 ornamentalen Zwischentiteln sowie Kopfleisten und Schlußstücken (tlw. in Gold) von Henry van de Velde. - ZUSTAND: Innen nur tlw. geringfügig fleckig, insgesamt schönes sauberes und breitrandiges Exemplar. Der Einband wurde behutsam, fachgerecht und handwerklich herausragend restauriert von Ireen Kranz, Melbeck: nur sehr partiell wenige vorsichtige Ergänzungen und Ausbesserungen der roten Lederauflagen sowie der Goldeinfassungen. Insgesamt ein ausgesprochen prachtvolles, wohlerhaltenes und wunderschönes Buch. - PROVENIENZ: Seit Jahrzehnten in einer sächsischen Privatsammlung.
LITERATUR: Sarkowski 1193. - Schauer I, 61 und II, 16. - Eyssen S. 17. - Hofstätter S. 101. - Garvey/Wick 115. - Vom Jugendstil zum Bauhaus 40. - Langer S. 132. - Arnold 2149. - Castleman 34.
Zum Einband vgl. Brinks 118/119 und ausführlich S. 134ff. sowie die soeben erschienene, von Thomas Föhl hrsg. Publikation der Klassik Stiftung Weimar: Werkstatt Otto Dorfner. Buchkunst in Weimar. München 2019. S. 37ff. - Vgl. auch den Katalog des Otto-Dorfner-Instituts: Zwischen van de Velde und Bauhaus. Otto Dorfner und ein wichtiges Kapitel der Einbandkunst. Halle und Weimar 1999. S. 97ff.
Friedrich Nietzsche's main work, one of the most important philosophical texts of Modernism. This book set standards in Art Noveau book illustration. The signed master binding from Otto Dorfner after a design by Henry van de Velde is a highlight in 20th century binding art: Dark blue morocco with lavish leather applications in two different shades of red, each with gilt borders; gilt-lettered title in narrow majuscules in the deep blue center panel on thefrontboard, top edge gilt and brown endpapers; front inner edge signed "V. D. VELDE INV. DORFNER EX. WEIMAR 16" in gilt-tooling. In a book case in dark blue half morocco with gilt lettering on spine. With ornamentally illustrated double title, title vignette and 4 ornamental half titles as well as head and tail pieces (partly in gold) by Henry van de Velde. - Inside just slightly stained, all in all a fine, clean and well-preserved copy. The binding was skillfully restored by Ireen Kranz, Melbeck: just a few carefully executed mended spots on red leather applications and the gilt borders. All in all a wonderful and well-reserved book.
Also sprach Zarathustra. Ein Buch für alle und keinen. Leipzig, Insel 1908.
Friedrich Nietzsches Hauptwerk, einer der wichtigsten philosophischen Texte der Moderne, eine Maßstäbe setzende Jugendstil-Buchillustration und über all das hinaus ein Höhepunkt der Einbandkunst des 20. Jahrhunderts.
"Die Zarathustra-Ausgabe von 1908, festlich gedruckt in Schwarz, Purpur und Gold für die Insel, ist eine Dokument der Buchform des Jugendstils." (G. K. Schauer) - Der Druck ist 1 von 430 numerierten Exemplaren, zugleich jedoch eines der wenigen Exemplare der absoluten Vorzugsausgabe in einem Luxuseinband von Otto Dorfner. Der hier vorliegende Einband ist eine Variante des bei Föhl und Brinks beschriebenen und abgebildeten Einbandes: in Ornamentform und Schrift sind beide Varianten identisch, in der Farbgebung des Leders weichen sie voneinander ab; dort ist es ein kirschroter Maroquinband mit Lederauflagen in zwei helleren Rottönen, beim hier vorliegenden Einband handelt es sich dagegen um einen tiefblauen Maroquinband, mit dunkel- bzw. weinroten Lederauflagen. Nach den neuesten Untersuchungen von Thomas Föhl und John Dieter Brinks fertigte Dorfner offenbar insgesamt etwa 6 Meistereinbände dieser Art, davon nur zwei in Blau. Dem entsprechend liegt hier eines der beiden ungemein seltenen Exemplare in der blauen Variante vor (vgl. Th. Föhl, Henry van de Velde/Otto Dorfner. Einband zu Nietzsche 'Also sprach Zarathustra'. In Neues Museum Weimar. Van de Velde, Nietzsche und die Moderne um 1900. München 2019). - Künstlerisch, handwerklich, ästhetisch und im Grad der Faszination auf den Betrachter sind beide Varianten dieses 'Jahrhunderteinbandes' absolut auf Augenhöhe. Nach unseren Recherchen tauchte ein Exemplar der roten Variante in den letzten 40 Jahren dreimal auf dem Markt auf, jedoch noch nie eines der beiden Einbände in Blau.
John Dieter Brinks beschreibt sowohl in seiner van de Velde-Monographie als auch in seinem jüngst erschienenen Aufsatz Vom Zauber der Linie. Die Buchkunst Otto Dorfners (Föhl S. 34ff.) nur die rot-rote Variante dieses meisterlichen Dorfner-Einbandes - "zählt sicherlich zu den kostbarsten und köstlichsten, die in der Generation vor dem Weltkrieg in Europa entworfen und realisiert worden sind .. Zweitens stellt dieser Einband nicht nur eine Apotheose der Vergangenheit dar, sondern auch eine Verkündigung der Zukunft." (Brinks S. 293f.)
"Otto Dorfner hat diesen Entwurf [van de Veldes] mit eigener Hand mehrfach 'ausgeführt'. Dieser Einband, an dem beide ihren Anteil hatten, sollte sofort Aufsehen erregen und gilt in unseren Tagen als einer der schönsten Bucheinbände des 20. Jahrhunderts .. Der Erfolg dieser von Harry Graf Kessler initiierten Nietzsche-Ausgabe war außerordentlich gewesen. Doch jetzt, als im Frühjahr 1914 in Leipzig die BUGRA anstand, die seit Jahren größte und wichtigste internationale Buchausstellung, hatte Anton Kippenberg, der Verleger des Insel Verlags, um den bisherigen Erfolg zu krönen, bei van de Velde einen neuen Einbandentwurf für den Zarathustra in Auftrag gegeben: Für dieses unikale Exemplar sollte eine eigene Vitrine reserviert werden. Kippenberg hatte zu Recht auf van de Velde gesetzt und mittelbar auf Otto Dorfner, der die außerordentliche exakte Handarbeit geleistet hatte. Der Verleger war derart begeistert über den rauschenden internationalen Erfolg auf der BUGRA, dass er umgehend mindestens fünf weitere Exemplare binden ließ, die er in den nächsten Monaten zu schwindelerregenden Preisen verkaufen konnte. Van de Velde sah seinen Ruhm – zumal im Vergleich zu den ebenfalls auf der Ausstellung präsenten französischen Buchbindermeistern – nachhaltig gefestigt.
Doch auch für einen Dritten, für Otto Dorfner, bedeutete dieses bemerkenswerte Objekt eine wichtige Stufe auf seinem Weg, ja einen Durchbruch. Jeder wusste, dass die „Idee“ von Henry van de Velde stammte; die meisterhafte Realisierung jedoch von anderer Hand stammte – was etwa die reichen Lederintarsien oder die exakte Linienführung betraf: So wurde Dorfners Name unauslöschlich mit diesem Werk verbunden, so wurden ihm mehrere Medaillen verliehen, und sein Ruf hätte sich schneller in Europa verbreitet, hätte nicht der Krieg den eben noch fruchtbaren Kulturaustausch für viele Jahre jäh gekappt .. Bedeutender aber ist ein Umstand, der bisher nicht erkannt, nicht gewürdigt worden ist: Die Buchstaben, die in beiden Entwürfen starke Ähnlichkeit aufweisen, sind das genuine Werk Dorfners, denn van de Velde war nie ein Schriftkünstler. Von Dorfner aber ist bereits für 1909, also vor seinem Antritt in Weimar, ein Einband überliefert, der unverkennbar seine Handschrift trägt. Dorfner hat folglich, was bisher nicht gewürdigt wurde, bereits für den „Jahrhunderteinband“ van de Veldes einen wichtigen ästhetischen Beitrag geliefert: Es sind seine Buchstaben, die den Einband entscheidend prägen." (J. D. Brinks)
EINBAND: Signierter Meistereinband von Otto Dorfner nach einem Entwurf von Henry van de Velde: Dunkelblauer Maroquinband mit aufwendigen Lederauflagen in zwei verschiedenen Rottönen, jeweils mit Goldeinfassung; im tiefblauen Mittelfeld des Vorderdeckels der goldgeprägte Deckeltitel in schmalen Versalien, des weiteren Kopfgoldschnitt und braune Vorsatzpapier; in der vorderen Innenkanten in Goldprägung signiert "V. D. VELDE INV. DORFNER EX. WEIMAR 16". In einer Buchkassette in dunkelblauen Halbmaroquin mit goldgeprägtem Rückentitel. 38 : 25,5 cm. - ILLUSTRATION: Mit ornamental illustriertem Doppeltitel, Titelvignette und 4 ornamentalen Zwischentiteln sowie Kopfleisten und Schlußstücken (tlw. in Gold) von Henry van de Velde. - ZUSTAND: Innen nur tlw. geringfügig fleckig, insgesamt schönes sauberes und breitrandiges Exemplar. Der Einband wurde behutsam, fachgerecht und handwerklich herausragend restauriert von Ireen Kranz, Melbeck: nur sehr partiell wenige vorsichtige Ergänzungen und Ausbesserungen der roten Lederauflagen sowie der Goldeinfassungen. Insgesamt ein ausgesprochen prachtvolles, wohlerhaltenes und wunderschönes Buch. - PROVENIENZ: Seit Jahrzehnten in einer sächsischen Privatsammlung.
LITERATUR: Sarkowski 1193. - Schauer I, 61 und II, 16. - Eyssen S. 17. - Hofstätter S. 101. - Garvey/Wick 115. - Vom Jugendstil zum Bauhaus 40. - Langer S. 132. - Arnold 2149. - Castleman 34.
Zum Einband vgl. Brinks 118/119 und ausführlich S. 134ff. sowie die soeben erschienene, von Thomas Föhl hrsg. Publikation der Klassik Stiftung Weimar: Werkstatt Otto Dorfner. Buchkunst in Weimar. München 2019. S. 37ff. - Vgl. auch den Katalog des Otto-Dorfner-Instituts: Zwischen van de Velde und Bauhaus. Otto Dorfner und ein wichtiges Kapitel der Einbandkunst. Halle und Weimar 1999. S. 97ff.
Friedrich Nietzsche's main work, one of the most important philosophical texts of Modernism. This book set standards in Art Noveau book illustration. The signed master binding from Otto Dorfner after a design by Henry van de Velde is a highlight in 20th century binding art: Dark blue morocco with lavish leather applications in two different shades of red, each with gilt borders; gilt-lettered title in narrow majuscules in the deep blue center panel on thefrontboard, top edge gilt and brown endpapers; front inner edge signed "V. D. VELDE INV. DORFNER EX. WEIMAR 16" in gilt-tooling. In a book case in dark blue half morocco with gilt lettering on spine. With ornamentally illustrated double title, title vignette and 4 ornamental half titles as well as head and tail pieces (partly in gold) by Henry van de Velde. - Inside just slightly stained, all in all a fine, clean and well-preserved copy. The binding was skillfully restored by Ireen Kranz, Melbeck: just a few carefully executed mended spots on red leather applications and the gilt borders. All in all a wonderful and well-reserved book.
61
Friedrich Nietzsche
Also sprach Zarathustra. Dorfner-Einband, 1908.
Estimate:
€ 10,000 / $ 10,900 Sold:
€ 100,860 / $ 109,937 (incl. surcharge)