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Stundenbuch
Stundenbuch Atelier Vrelant, um 1460-1470.
Estimate:
€ 30,000 / $ 33,000 Sold:
€ 103,320 / $ 113,652 (incl. surcharge)
Lateinisches Stundenbuch
Manuskript auf Pergament. Brügge, um 1460-70.
Exzeptionell illuminiertes Stundenbuch im kleinen Taschenformat mit Miniaturen von höchster Feinheit und Brillanz, eine der Forschung bislang unbekannte Handschrift aus dem Atelier Willem Vrelants, der als einer der bedeutendsten Miniaturisten seiner Zeit gilt.
Der Stil der Miniaturen und das Motivrepertoire des Bordürenschmucks, ebenso wie die Auswahl des Textes weisen das Stundenbuch als ein typisches Werk Willem Vrelants aus, der von 1454 bis 1481 in Brügge einem äußerst produktiven Atelier vorstand. Vrelants bekannteste Arbeiten sind die Chroniques de Hainaut (Chronik des Hennegau, Brügge um 1465), das Livre d'heures de Guillaume de Montfort (um 1450), das Livre d'heures d'Isabelle la Catholique (um 1460) und die Heures Arenberg (um 1460). Die in der jüngeren Forschung diskutierte Frage, ob die beachtliche Anzahl der überlieferten Stundenbücher im Stil Vrelants allein seiner Person oder eher einer Werkstatt, einer familiären Atelierproduktion zugeschrieben werden muß, ist nach wie vor offen (vgl. Avril, Willem Vrelant , 2011).
Kennzeichen seiner Kunst sind die lieblich-glatten, porzellanhaften und einander ähnelnden Physiognomien der Figuren, eine überschaubare Farbpalette mit wenigen intensiven Blau-, Rot- und Grüntönen, und eine heiter und offen wirkende, flächig-vereinfachende und sich dadurch dem Graphischen nähernde Darstellungsweise. Sowohl Architektur, Landschaft und Interieur als auch Gesichter und Gewänder sind in Farben und Formen effektvoll reduziert und wiederkehrende Kompositionsdetails geschickt eingesetzt. Alle Bilder der Handschrift wirken klar und licht und atmen eine heitere Grundstimmung, selbst dann, wenn der Kindermord von Bethlehem dargestellt wird. Ganz entspannt wirkt auch die Stifterin unseres Stundenbuchs, die in der Hirtenverkündigung dargestellt ist: Zwischen der Schafherde und den gen Himmel schauenden Hirten spielt sie, fast ein bißchen verträumt, mit dem Hirtenhund. - Typische Elemente Vrelants sind u. a. die variierenden Muster der gefliesten Böden, die eigenwillig mäandernden Flüsse, die scharf vom Gras getrennten Wege und die leicht erkennbare Form der schrägstehenden, oben abgerundeten Felsen. Der schöne Bordürenschmuck ist ganz im Stil der Brüggeschen Stundenbücher gestaltet, teils belebt mit meisterhaft filigran gemalten Grotesken und Fabelwesen.
Lateinischer Kalender, sporadisch besetzt, weist nach Flandern. Bemerkenswert die rot hervorgehobenen Feste: Gregor (12. März), Georg (23. April), Barnabas (11. Mai), Laurentius (10. Aug.), Bartholomäus (24. Aug.), Martin (11. Nov.), Katharina (25. Nov.), Nikolaus (6. Dez.), Nichasius (14. Dez.). Erwähnenswert ferner: Gertrud von Nivelles (16. März), Amelberga von Maubeuge (10. Juli), Egidius (1. Sept.), Bertinus (5. Sept.), Lambertus (17. Sept.), Remigius (1. Okt.), Donatian (14. Okt.). - Marien- und Totenoffizium nach Gebrauch von Rom.
Inhalt: 3 leere Bll., Kalendarium (4r-15v), Miniatur Kreuzigung (16v), Stundengebet zum Hl. Kreuz (17r-23v), Miniatur Pfingsten (24v), Stundengebet zum Hl. Geist (25r-30v), Miniatur Thronende Maria mit Kind (31v), Marienmesse (32r-38v), Evangeliensequenzen (38v-44v), Marienoffizium (45v-129r) mit den Miniaturen Verkündigung (45v), Heimsuchung (67v), Hirtenverkündigung (86v), Königsanbetung (92v), Darbringung im Tempel (98v) und Bethlehemitischer Kindermord (104v); Miniatur König David im Gebet (130v), Bußpsalmen und Litanei (131r-152v), Miniatur Auferweckung des Lazarus (153v), Totenoffizium (154r-198r), Obsecro te und O intemerata (199r-206r), Suffragien (206v-210r), 3 leere Bll., tls. mit Ergänzungen von späterer Hand.
EINBAND: Schwarzer Maroquinband des späten 19. Jahrhunderts mit reicher Blind- und Goldprägung sowie gepunztem Ganzgoldschnitt. 11,5 : 7,5 cm. - ILLUSTRATION: Mit 11 (st. 14) großen Miniaturen in Gold und leuchtenden Farben, jeweils umgeben von vierseitiger, dichtbesetzter Rankenbordüre aus goldenem Dornblatt, blau-goldenem Akanthus, farbigen Blüten und Früchten sowie mehreren prachtvollen Vögeln, Drolerie- und Fabelwesen. Die gegenüberliegenden Textseiten jeweils mit großer Goldgrund-Initiale in Blau oder Mauve, gefüllt mit farbigen, kunstvoll verschlungenen Ranken, sowie allseitig eingefaßt mit ebensolcher Bordüre wie auf den Miniaturenseiten. Drei weitere Textseiten jeweils mit Initiale und Bordüre in gleicher Gestaltung. Ferner mit zahlreichen ein- und zweizeiligen Goldinitialen auf farbigem Grund sowie Zeilenfüllern in gleicher Aufmachung. - KOLLATION: 213 Bll. (die ersten 3 und letzten 3 weiß). Blattgröße ca. 10,5 : 7,3 cm. Schriftspiegel 5,6 : 3,5 cm. 15 Zeilen. Textura in dunkelbrauner und roter Tinte, regliert. - ZUSTAND: Es fehlen die 3 Miniaturen Christi Geburt, Flucht nach Ägypten und Marienkrönung. Ränder vereinz. minim. fingerfleckig, Einbandkanten tls. leicht berieben, Vorsätze erneuert. Insgesamt sehr gut erhalten, innen breitrandig und sauber. - PROVENIENZ: Die Bordüre der ersten Textseite seitlich mit kleinem, leer gelassenem Wappenschild, die Miniatur Hirtenverkündigung mit Bildnis der Stifterin. - Innendeckel mit mont. frz. Katalogbeschreibung (ca. 1920-30). - Seit einem halben Jahrhundert in Privatbesitz.
LITERATUR: Vgl. Françoise Avril, Willem Vrelant . In: Miniatures flamandes , hrsg. von B. Bousmanne u. Th. Delcourt, Paris/Brüssel 2011, S. 238 und Abb. 163. - Dagmar Thoss, Flämische Buchmalerei , Graz 1987, Nr. 9 und Abb. 37. - Joachim M. Plotzek, Andachtsbücher des Mittelalters aus Privatbesitz , Köln 1987, Nr. 57. - Georges Dogaer, Flemish Miniature Painting , Amsterdam 1987, S. 99 und Taf. 7 und 57. - Otto Pächt u. a., Flämische Schule I , Wien 1983, Textbd. 92 und Tafelbd. Abb. 158. - Friedrich Winkler, Die Flämische Buchmalerei , Leipzig 1925, S. 71 und Tafel 37.
Extraordinarily illuminated Book of Hours from the workshop of Willem Vrelant in Bruges, around 1460-70, yet unknown to the Vrelant research. In a small pocket size, sheet size ca. 10,5 : 7,3 cm. 213 leaves (first 3 and last 3 blank). Latin manuscript on vellum for the use of Rome with 11 (of 14) miniatures surrounded by elaborate borders with acanthus, blossoms, fruits, birds and very fine drolleries and fabulous creatures, 3 further pages with borders in the same style, as well as numerous gilt initials on colored ground and equal line fillers. Blind- and gilt-tooled morocco, gilt gauffered edges. - Lacking 3 miniatures (Nativity, Flight into Egypt, Coronation of the Virgin). Here and there minimal fingerstaining, edges of binding partly minim. rubbed, endpapers renewed. Else very well-preserved manuscript, inside clean and wide-margined, the miniatures in bright and fresh coloring. Since a half century ago part of a private collection.
Manuskript auf Pergament. Brügge, um 1460-70.
Exzeptionell illuminiertes Stundenbuch im kleinen Taschenformat mit Miniaturen von höchster Feinheit und Brillanz, eine der Forschung bislang unbekannte Handschrift aus dem Atelier Willem Vrelants, der als einer der bedeutendsten Miniaturisten seiner Zeit gilt.
Der Stil der Miniaturen und das Motivrepertoire des Bordürenschmucks, ebenso wie die Auswahl des Textes weisen das Stundenbuch als ein typisches Werk Willem Vrelants aus, der von 1454 bis 1481 in Brügge einem äußerst produktiven Atelier vorstand. Vrelants bekannteste Arbeiten sind die Chroniques de Hainaut (Chronik des Hennegau, Brügge um 1465), das Livre d'heures de Guillaume de Montfort (um 1450), das Livre d'heures d'Isabelle la Catholique (um 1460) und die Heures Arenberg (um 1460). Die in der jüngeren Forschung diskutierte Frage, ob die beachtliche Anzahl der überlieferten Stundenbücher im Stil Vrelants allein seiner Person oder eher einer Werkstatt, einer familiären Atelierproduktion zugeschrieben werden muß, ist nach wie vor offen (vgl. Avril, Willem Vrelant , 2011).
Kennzeichen seiner Kunst sind die lieblich-glatten, porzellanhaften und einander ähnelnden Physiognomien der Figuren, eine überschaubare Farbpalette mit wenigen intensiven Blau-, Rot- und Grüntönen, und eine heiter und offen wirkende, flächig-vereinfachende und sich dadurch dem Graphischen nähernde Darstellungsweise. Sowohl Architektur, Landschaft und Interieur als auch Gesichter und Gewänder sind in Farben und Formen effektvoll reduziert und wiederkehrende Kompositionsdetails geschickt eingesetzt. Alle Bilder der Handschrift wirken klar und licht und atmen eine heitere Grundstimmung, selbst dann, wenn der Kindermord von Bethlehem dargestellt wird. Ganz entspannt wirkt auch die Stifterin unseres Stundenbuchs, die in der Hirtenverkündigung dargestellt ist: Zwischen der Schafherde und den gen Himmel schauenden Hirten spielt sie, fast ein bißchen verträumt, mit dem Hirtenhund. - Typische Elemente Vrelants sind u. a. die variierenden Muster der gefliesten Böden, die eigenwillig mäandernden Flüsse, die scharf vom Gras getrennten Wege und die leicht erkennbare Form der schrägstehenden, oben abgerundeten Felsen. Der schöne Bordürenschmuck ist ganz im Stil der Brüggeschen Stundenbücher gestaltet, teils belebt mit meisterhaft filigran gemalten Grotesken und Fabelwesen.
Lateinischer Kalender, sporadisch besetzt, weist nach Flandern. Bemerkenswert die rot hervorgehobenen Feste: Gregor (12. März), Georg (23. April), Barnabas (11. Mai), Laurentius (10. Aug.), Bartholomäus (24. Aug.), Martin (11. Nov.), Katharina (25. Nov.), Nikolaus (6. Dez.), Nichasius (14. Dez.). Erwähnenswert ferner: Gertrud von Nivelles (16. März), Amelberga von Maubeuge (10. Juli), Egidius (1. Sept.), Bertinus (5. Sept.), Lambertus (17. Sept.), Remigius (1. Okt.), Donatian (14. Okt.). - Marien- und Totenoffizium nach Gebrauch von Rom.
Inhalt: 3 leere Bll., Kalendarium (4r-15v), Miniatur Kreuzigung (16v), Stundengebet zum Hl. Kreuz (17r-23v), Miniatur Pfingsten (24v), Stundengebet zum Hl. Geist (25r-30v), Miniatur Thronende Maria mit Kind (31v), Marienmesse (32r-38v), Evangeliensequenzen (38v-44v), Marienoffizium (45v-129r) mit den Miniaturen Verkündigung (45v), Heimsuchung (67v), Hirtenverkündigung (86v), Königsanbetung (92v), Darbringung im Tempel (98v) und Bethlehemitischer Kindermord (104v); Miniatur König David im Gebet (130v), Bußpsalmen und Litanei (131r-152v), Miniatur Auferweckung des Lazarus (153v), Totenoffizium (154r-198r), Obsecro te und O intemerata (199r-206r), Suffragien (206v-210r), 3 leere Bll., tls. mit Ergänzungen von späterer Hand.
EINBAND: Schwarzer Maroquinband des späten 19. Jahrhunderts mit reicher Blind- und Goldprägung sowie gepunztem Ganzgoldschnitt. 11,5 : 7,5 cm. - ILLUSTRATION: Mit 11 (st. 14) großen Miniaturen in Gold und leuchtenden Farben, jeweils umgeben von vierseitiger, dichtbesetzter Rankenbordüre aus goldenem Dornblatt, blau-goldenem Akanthus, farbigen Blüten und Früchten sowie mehreren prachtvollen Vögeln, Drolerie- und Fabelwesen. Die gegenüberliegenden Textseiten jeweils mit großer Goldgrund-Initiale in Blau oder Mauve, gefüllt mit farbigen, kunstvoll verschlungenen Ranken, sowie allseitig eingefaßt mit ebensolcher Bordüre wie auf den Miniaturenseiten. Drei weitere Textseiten jeweils mit Initiale und Bordüre in gleicher Gestaltung. Ferner mit zahlreichen ein- und zweizeiligen Goldinitialen auf farbigem Grund sowie Zeilenfüllern in gleicher Aufmachung. - KOLLATION: 213 Bll. (die ersten 3 und letzten 3 weiß). Blattgröße ca. 10,5 : 7,3 cm. Schriftspiegel 5,6 : 3,5 cm. 15 Zeilen. Textura in dunkelbrauner und roter Tinte, regliert. - ZUSTAND: Es fehlen die 3 Miniaturen Christi Geburt, Flucht nach Ägypten und Marienkrönung. Ränder vereinz. minim. fingerfleckig, Einbandkanten tls. leicht berieben, Vorsätze erneuert. Insgesamt sehr gut erhalten, innen breitrandig und sauber. - PROVENIENZ: Die Bordüre der ersten Textseite seitlich mit kleinem, leer gelassenem Wappenschild, die Miniatur Hirtenverkündigung mit Bildnis der Stifterin. - Innendeckel mit mont. frz. Katalogbeschreibung (ca. 1920-30). - Seit einem halben Jahrhundert in Privatbesitz.
LITERATUR: Vgl. Françoise Avril, Willem Vrelant . In: Miniatures flamandes , hrsg. von B. Bousmanne u. Th. Delcourt, Paris/Brüssel 2011, S. 238 und Abb. 163. - Dagmar Thoss, Flämische Buchmalerei , Graz 1987, Nr. 9 und Abb. 37. - Joachim M. Plotzek, Andachtsbücher des Mittelalters aus Privatbesitz , Köln 1987, Nr. 57. - Georges Dogaer, Flemish Miniature Painting , Amsterdam 1987, S. 99 und Taf. 7 und 57. - Otto Pächt u. a., Flämische Schule I , Wien 1983, Textbd. 92 und Tafelbd. Abb. 158. - Friedrich Winkler, Die Flämische Buchmalerei , Leipzig 1925, S. 71 und Tafel 37.
Extraordinarily illuminated Book of Hours from the workshop of Willem Vrelant in Bruges, around 1460-70, yet unknown to the Vrelant research. In a small pocket size, sheet size ca. 10,5 : 7,3 cm. 213 leaves (first 3 and last 3 blank). Latin manuscript on vellum for the use of Rome with 11 (of 14) miniatures surrounded by elaborate borders with acanthus, blossoms, fruits, birds and very fine drolleries and fabulous creatures, 3 further pages with borders in the same style, as well as numerous gilt initials on colored ground and equal line fillers. Blind- and gilt-tooled morocco, gilt gauffered edges. - Lacking 3 miniatures (Nativity, Flight into Egypt, Coronation of the Virgin). Here and there minimal fingerstaining, edges of binding partly minim. rubbed, endpapers renewed. Else very well-preserved manuscript, inside clean and wide-margined, the miniatures in bright and fresh coloring. Since a half century ago part of a private collection.
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Stundenbuch
Stundenbuch Atelier Vrelant, um 1460-1470.
Estimate:
€ 30,000 / $ 33,000 Sold:
€ 103,320 / $ 113,652 (incl. surcharge)