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Hermann Max Pechstein
Brief mit Zeichnung. (26. Juni 1927)..
Estimate:
€ 5,000 / $ 5,500 Sold:
€ 6,000 / $ 6,600 (incl. surcharge)
Pechstein, Hermann Max. Eigh. Brief m. U.Mit großer Federzeichnung . Rowe, 26. Juni 1927. 5 S. 4to. (29 : 22,5 cm).
Inhaltsreicher Brief an Walter Minnich aus seinem ersten Sommeraufenthalt in Rowe. Er klagt über das anhaltend schlechte Wetter und berichtet über die ersten entstehenden Bilder. Interessant und aufschlußreich schildert er die Stadien seines Schaffens, seine spezielle Arbeitsweise, Störungen durch Ameisen und Badegäste, familiäre Verpflichtungen etc. Am Ende kommt er auf den Preis für ein Bild zu sprechen, wobei er eindringlich seine karge finanzielle Situation beschreibt.
".. Heute ist wieder einmal Sonntag, welchen ich immer zur Erledigung meiner Briefe ausnutze, und will .. ein paar Worte über das Wetter schreiben, so banal wie es ist, so ist es für mich doch ein zu wichtiges Kapitel, denn ich friere, und erwarte nun schon die vierte Woche mit Geduld die wärmende Sonne. Aber trotz Allem habe ich die Geduld an der hiesigen Landschaft nicht verloren, denn dieselbe interessiert mich auch bei schlechtem Wetter, die Dächer der hellen Häuser stehen schwarzrot gegen das saftige Grün der Bäume. Gestern habe ich unverdrossen unter wiederholten Regenschauern ausgehalten, und an dem Bild (dem Schreiben voranstehende Skizze) gearbeitet. Um dann endlich völlig durchnässt nach Hause zu ziehen, wie eine aus dem Wasser gezogene Maus, und doch war ich glücklich soweit gekommen zu sein, daß ich zu Hause daran weiterarbeiten konnte. Es ist nur darum schade, weil ich mich gerade bei dem ersten Gestalten der Bilder vollkommen konzentrieren muß um ungestört das Erlebniss auf die Hand wirken zu lassen .. Der Verbrauch an Material ist natürlich wieder sehr groß, denn ich muß in vollkommner Nichtachtung des Wertes desselben darauf loswüten können, um mich freizuarbeiten. Verschiedenes ist mir nun durch den Sturm und Regen verloren gegangen, was ich erst nur vorbereitend gezeichnet hatte, so die Apfelblüte. Froh bin ich, daß ich wenigstens 2 Studien nach blühenden Kornfeldern im Winde malen konnte, sowie auch 2 Studien nach blühen[den] gelbem Ginster im Walde. Beim Malen der letzten entdeckte ich, durch störende Bisse an den Beinen und sonst noch, daß ich gerade in einem Ameisenhaufen stand, was thun? Erst goß ich Terpentin hinein, nun ein wildes Verteidigen von Seiten der Tierchen, dies konnte ich ihnen nicht verdenken, also band ich mir lieber mit Bindfaden die Hosen unten dicht zu .. Wundervoll diese Sinfonie in Gelb der Ginster. Wohl noch herrlicher das blühende Korn in seiner Zartheit, sobald ich etwas ruhiger geworden bin, werde ich Ihnen eine Farbenskizze senden. Gezeichnet habe ich viel, täglich und immer Feder, zuletzt auf ein Löschpapier, welches mir eine reichere Tönung des Schwarzes gestattet, jetzt bin in letzter Woche zur Farbe übergegangen, um erst das Errungene einmal zu verwerten, und schon freue ich mich wieder auf das Zeichnen, im nächsten Monat werden wohl einige Badegäste kommen, und ich habe mir schon überlegt, daß ich in dieser Zeit versuchen werde, einige ältere Einwohner als Modelle zu erhalten, sodaß ich hoffen kann, in dieser Zeit nicht durch die Neugierde der beschäftigungslosen Badegäste gestört zu werden. Es ist mir nichts furchtbarer als wenn mir jemand auf die Hand sieht, und wo möglich gar noch spricht .. Früher ging ich bereits bei Sonnenaufgang 3 Uhr zur Arbeit, doch jetzt bin ich etwas daran verhindert, denn Klein Maxe [Pechsteins einjähriger Sohn] bekommt seine Zähne und schläft so unruhig, daß ich öfters die Nacht aufmuß .." - Er erwähnt ferner einen geplanten Winter-Aufenthalt in Paris, und schließlich kommt er auf den Preis für ein Bild zu sprechen, nach dem Minnich sich offenbar erkundigt hatte. "Was nun den Preis für die 'weißen Rosen' angeht so muß ich dafür 3000 RMrk rechnen, denn soviel habe ich jetzt für meine letzten Bilder erhalten, und kann ich auch nicht anders, vergangenes Jahr habe ich bis auf 6 Bilder alles zurückbehalten, um nur Gutes heraus zugeben, und die Ausgaben sind hoch, denn es geht immer noch von der Hand in den Mund, ohne daß ich mir etwas Besonderes gönne, weder Schuhe, noch Anzüge habe ich mir gekauft, ganz abgesehen, daß wir sehr einfach essen, aber Wohnung, Kinder, u.s.w. schlucken das meiste, bevor ich etwas gegessen habe, sind im Monat an die 600 M. weg, und dabei ist noch kein Arbeitsmaterial .." - Linke obere Ecke mit kl. Rostspur.
Comprehensive 5-page letter by the German painter and graphic artist Hermann Max Pechstein to his patron Walter Minnich. Written during his first summer stay in Rowy on the Baltic coast. Among the issues touched in his letter, is his difficult financial situation. With large feather drawing. - Upper left corner with small trace of corrosion.
Inhaltsreicher Brief an Walter Minnich aus seinem ersten Sommeraufenthalt in Rowe. Er klagt über das anhaltend schlechte Wetter und berichtet über die ersten entstehenden Bilder. Interessant und aufschlußreich schildert er die Stadien seines Schaffens, seine spezielle Arbeitsweise, Störungen durch Ameisen und Badegäste, familiäre Verpflichtungen etc. Am Ende kommt er auf den Preis für ein Bild zu sprechen, wobei er eindringlich seine karge finanzielle Situation beschreibt.
".. Heute ist wieder einmal Sonntag, welchen ich immer zur Erledigung meiner Briefe ausnutze, und will .. ein paar Worte über das Wetter schreiben, so banal wie es ist, so ist es für mich doch ein zu wichtiges Kapitel, denn ich friere, und erwarte nun schon die vierte Woche mit Geduld die wärmende Sonne. Aber trotz Allem habe ich die Geduld an der hiesigen Landschaft nicht verloren, denn dieselbe interessiert mich auch bei schlechtem Wetter, die Dächer der hellen Häuser stehen schwarzrot gegen das saftige Grün der Bäume. Gestern habe ich unverdrossen unter wiederholten Regenschauern ausgehalten, und an dem Bild (dem Schreiben voranstehende Skizze) gearbeitet. Um dann endlich völlig durchnässt nach Hause zu ziehen, wie eine aus dem Wasser gezogene Maus, und doch war ich glücklich soweit gekommen zu sein, daß ich zu Hause daran weiterarbeiten konnte. Es ist nur darum schade, weil ich mich gerade bei dem ersten Gestalten der Bilder vollkommen konzentrieren muß um ungestört das Erlebniss auf die Hand wirken zu lassen .. Der Verbrauch an Material ist natürlich wieder sehr groß, denn ich muß in vollkommner Nichtachtung des Wertes desselben darauf loswüten können, um mich freizuarbeiten. Verschiedenes ist mir nun durch den Sturm und Regen verloren gegangen, was ich erst nur vorbereitend gezeichnet hatte, so die Apfelblüte. Froh bin ich, daß ich wenigstens 2 Studien nach blühenden Kornfeldern im Winde malen konnte, sowie auch 2 Studien nach blühen[den] gelbem Ginster im Walde. Beim Malen der letzten entdeckte ich, durch störende Bisse an den Beinen und sonst noch, daß ich gerade in einem Ameisenhaufen stand, was thun? Erst goß ich Terpentin hinein, nun ein wildes Verteidigen von Seiten der Tierchen, dies konnte ich ihnen nicht verdenken, also band ich mir lieber mit Bindfaden die Hosen unten dicht zu .. Wundervoll diese Sinfonie in Gelb der Ginster. Wohl noch herrlicher das blühende Korn in seiner Zartheit, sobald ich etwas ruhiger geworden bin, werde ich Ihnen eine Farbenskizze senden. Gezeichnet habe ich viel, täglich und immer Feder, zuletzt auf ein Löschpapier, welches mir eine reichere Tönung des Schwarzes gestattet, jetzt bin in letzter Woche zur Farbe übergegangen, um erst das Errungene einmal zu verwerten, und schon freue ich mich wieder auf das Zeichnen, im nächsten Monat werden wohl einige Badegäste kommen, und ich habe mir schon überlegt, daß ich in dieser Zeit versuchen werde, einige ältere Einwohner als Modelle zu erhalten, sodaß ich hoffen kann, in dieser Zeit nicht durch die Neugierde der beschäftigungslosen Badegäste gestört zu werden. Es ist mir nichts furchtbarer als wenn mir jemand auf die Hand sieht, und wo möglich gar noch spricht .. Früher ging ich bereits bei Sonnenaufgang 3 Uhr zur Arbeit, doch jetzt bin ich etwas daran verhindert, denn Klein Maxe [Pechsteins einjähriger Sohn] bekommt seine Zähne und schläft so unruhig, daß ich öfters die Nacht aufmuß .." - Er erwähnt ferner einen geplanten Winter-Aufenthalt in Paris, und schließlich kommt er auf den Preis für ein Bild zu sprechen, nach dem Minnich sich offenbar erkundigt hatte. "Was nun den Preis für die 'weißen Rosen' angeht so muß ich dafür 3000 RMrk rechnen, denn soviel habe ich jetzt für meine letzten Bilder erhalten, und kann ich auch nicht anders, vergangenes Jahr habe ich bis auf 6 Bilder alles zurückbehalten, um nur Gutes heraus zugeben, und die Ausgaben sind hoch, denn es geht immer noch von der Hand in den Mund, ohne daß ich mir etwas Besonderes gönne, weder Schuhe, noch Anzüge habe ich mir gekauft, ganz abgesehen, daß wir sehr einfach essen, aber Wohnung, Kinder, u.s.w. schlucken das meiste, bevor ich etwas gegessen habe, sind im Monat an die 600 M. weg, und dabei ist noch kein Arbeitsmaterial .." - Linke obere Ecke mit kl. Rostspur.
Comprehensive 5-page letter by the German painter and graphic artist Hermann Max Pechstein to his patron Walter Minnich. Written during his first summer stay in Rowy on the Baltic coast. Among the issues touched in his letter, is his difficult financial situation. With large feather drawing. - Upper left corner with small trace of corrosion.
90
Hermann Max Pechstein
Brief mit Zeichnung. (26. Juni 1927)..
Estimate:
€ 5,000 / $ 5,500 Sold:
€ 6,000 / $ 6,600 (incl. surcharge)